Liebe und Karriere: Die Vor- und Nachteile von Heirat und Konkubinat – von Advokatin Marie-Caroline Messerli

Die Gesellschaft hat sich in den letzten Jahrzehnten stark gewandelt. Wir Frauen sind moderner, emanzipierter und selbständiger geworden, wir sind unabhängig und wollen das auch möglichst bleiben. Da passt das Heiraten irgendwie so gar nicht dazu. Welchen Sinn macht es, sich das Leben lang an einen Partner oder eine Partnerin zu binden und damit die jahrelang erkämpfte Unabhängigkeit und Selbstbestimmung teilweise wieder aufzugeben?

Ich habe immer wieder Klientinnen, die mit dieser Frage zu mir kommen, ob sie nun heiraten sollen oder nicht. Ist Heiraten überhaupt noch gefragt, wenn die Scheidungsquote bei rund 42% liegt? Grundsätzlich ist das ein persönlicher Entscheid und sollte in erster Linie vor allem getroffen werden, weil du deinen Partner oder deine Partnerin liebst und ihr gemeinsam alt werden möchtet. Aber es gibt auch einige rechtliche Überlegungen, die bei einer Heirat nicht ganz auszublenden sind.

 

1. Heiraten ohne Kinder

Aufgrund unseres aktuell geltenden Steuersystems macht Heiraten ohne Kinder wenig Sinn, solange die Heiratsstrafe nicht abgeschafft ist. Denn wenn du verheiratet bist, werden die Einkommen addiert und du rutscht damit in eine höhere Steuerprogression, weshalb ihr als Paar dann faktisch zusammen mehr steuern zahlt, als jeder allein Steuern zahlen würde, da ihr keine Kinderabzüge machen könnt. 

Auch wenn ihr in Rente geht, bekommt ihr als Ehepaar nur 150% Rente anstelle eines Konkubinatspaares, bei dem jede/r einzeln 100% Rente bekommt. 

Beim Erbrecht kann mittels Testament oder einem Erbvertrag einiges geregelt werden, wenn du nicht verheiratet bist, um den Partner oder die Partnerin zumindest teilweise zu begünstigen. Unbedingt berücksichtigen sollte man dabei immer die Folgen für die Steuern. Je nach Kanton sind die Erbschaftssteuern für unverheiratete Paare extrem hoch.

Im Kanton Basel-Stadt beispielsweise bezahlt ein Nichtverwandter auf einen geerbten Betrag von CHF 500'000.- Erbschaftssteuern in Höhe von CHF 156'870.00. Gewisse Kantone besteuern Konkubinatspaare ab 5 oder 10 Jahren im gleichen Haushalt etwas milder (im Kanton BS wären auf den gleichen Betrag dann noch CHF 52'290.00 Steuern zu bezahlen). Ehegatten sind von der Erbschaftssteuer befreit.

Auch bei der Rente gibt es Unterschiede, wenn man nicht verheiratet ist. So erhält die überlebende Partnerin keine Witwenrente, wenn sie vorher nicht verheiratet war. Es gibt aber bei gewissen Pensionskassen (je nach Reglement) die Möglichkeit, den Lebenspartner im Todesfall mit einer Lebenspartnerrente zu begünstigen. Wenn das nicht möglich ist, kann es sinnvoll sein, das Pensionskassenkapital soweit als möglich noch zu Lebzeiten zu beziehen.

Heiraten hat also seine Vor- und Nachteile und kann je nach Alter und Lebenssituation auch ohne Kinder – trotz Steuerstrafe – sinnvoll sein.

 

2. Heiraten mit Kindern

Die Geburt eines Kindes ist leider immer noch das aus finanzieller Sicht einschneidendste Erlebnis im Leben einer Frau. Mit Kindern ist eine Heirat in der Regel aber administrativ einfacher, da ihr die Kinder nicht einzeln anerkennen (und dafür Gebühren bezahlen) müsst und ihr einen gemeinsamen Familiennamen wählen könnt. Auch könnt ihr bei den Steuern Kinderabzüge machen, Drittbetreuungskosten abziehen und auch erbrechtlich sind die Kinder und der oder die Partner:in von Gesetz wegen gleichgestellt und besser abgesichert und bezahlen keine Erbschaftssteuer. 

Jede Familienkonstellation kann aber wieder anders sein und ob eine Heirat sinnvoll ist oder nicht, hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab (finanziell, Betreuungsaufteilung, Erwerbssituation und Einkommen etc.).

 

3. Trennung / Scheidung

Sollte es dann doch irgendwann zu einer Trennung oder Scheidung kommen, sind für die Frauen einige Dinge zu beachten. Nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung ist ein Mann heute keine Altersvorsorge mehr. Auch ist es heute oft immer noch so, dass nur einer von beiden für die Finanzen zuständig ist und der andere sich nie um das Thema Geld gekümmert hat. Hier hilft es sehr, wenn du dich bereits in der Partnerschaft immer mit diesem Thema befasst, über die Finanzen Bescheid weisst, die Kontoauszüge kennst und die Steuererklärungen jedes Jahr zumindest überprüfst. Ansonsten kann es bei Trennung oder Scheidung böse Überraschungen geben.

Bei einer Trennung ist eine Frau heute von Gesetz wegen noch immer besser abgesichert, wenn sie verheiratet war. Zwar regelt das Gesetz den Unterhalt für die Kinder nach einer Trennung, aber für die Frau gibt es nur nachehelichen Unterhalt, wenn sie verheiratet war. 

Bei Konkubinatspaaren wird im Fall einer Trennung nur Kindesunterhalt zugesprochen, der den Barunterhalt und den Betreuungsunterhalt abdeckt, aber die Kindsmutter erhält keinen persönlichen Unterhalt. Auch geht die Frau, welche meistens weniger arbeitet, gerade wenn die Kinder noch sehr klein sind (und sei es auch nur das erste Jahr) im Bezug auf die Altersvorsorge leer aus. Denn bei einer Scheidung werden die Pensionskassenguthaben, die während der Ehe eingezahlt wurden, geteilt. Wenn du nicht verheiratet warst, hast du keinen Anspruch auf Pensionskassenguthaben und 3. Säule des anderen Partners, der immer 100% gearbeitet hat, während du (in der Regel noch immer die Frau) die Kinder grösstenteils betreut hast und nur in einem kleinen Teilzeitpensum gearbeitet hast.

Deshalb ist es wichtig, dass wenn du dich für das Modell Konkubinat entscheiden solltest, du einen Konkubinatsvertrag abschliesst, wo solche Nachteile während der Beziehung und im Falle einer Trennung ausgeglichen werden können.

 

Tipps für eine Trennung/Scheidung

  1. Informiere dich laufend über die Finanzen und bleibe auf dem aktuellen Stand. Dann erlebst du bei einer Trennung/Scheidung keine bösen Überraschungen.

  2. Überlege dir, wie deine Altersvorsorge abgesichert ist. Arbeitest du selbst genug? Bezahlst du etwas in die Pensionskasse und 3. Säule ein? Wenn nicht, bezahlt der Lebenspartner etwas in deine Altersvorsorge ein, um den Nachteil auszugleichen?

  3. Wie war und ist die Aufgabenteilung in der Beziehung? Wer hat gearbeitet und wer war mehr zu Hause bei den Kindern? Es hilft, wenn man eine gleichberechtigte Aufteilung der Erziehungsarbeit hat, um so zu grosse Nachteile in der Altersvorsorge oder im Erwerbsleben zu vermeiden.

  4. Bringt einer von euch viel Vermögen/Immobilien in die Ehe mit, ist es sinnvoll, dies mittels Ehevertrag schriftlich festzuhalten, damit es im Falle einer Trennung keinen Streit gibt? 

  5. Achte auf eine partnerschaftliche Rollenverteilung und bringe deine Beziehung auf Augenhöhe. Dann wird es auch im Falle einer Trennung/Scheidung einfacher sein, die Ehe/Partnerschaft wieder aufzulösen.

Über Marie-Caroline

Marie-Caroline Messerli hat an der Universität Basel studiert und im Jahr 2013 mit einem Master of Law abgeschlossen. Anschliessend hat sie diverse Praktika in Anwaltskanzleien in London und in Basel, bei der Jugendanwaltschaft BL und einer schweizweit tätigen Rechtsschutzversicherung absolviert, bevor sie im Jahr 2017 dann das Anwaltspatent erworben hat. Anschliessend arbeitete sie als angestellte Anwältin in einer mittelgrossen Anwaltskanzlei in Basel und absolvierte im vergangenen Jahr die Zusatzausbildung als Fachanwältin SAV Familienrecht. Seit 2021 ist Marie-Caroline Messerli Partnerin bei Furer & Partner Rechtsanwälte, wo sie vorwiegend in den Bereichen Familienrecht (Eheangelegenheiten, Trennung, Scheidung, Kindsrecht, Unterhalt, Konkubinat, Trennungs- und Scheidungsverfahren, Güterrechtliche Auseinandersetzung, Beratung in Eheverträgen und Scheidungsverträgen) im allgemeinen Vertragsrecht, Arbeitsrecht und Jugendstrafrecht tätig. Als Vizepräsidentin der Sportkommission Basel-Landschaft und Verwaltungsrätin der Birs-Golf AG berät Marie-Caroline ausserdem auch gerne Sportvereine und Unternehmen in vereins- und sportrechtlichen Fragen. Ausserdem engagiert sich Marie-Caroline in der Politik und setzt sich als Vorstandsmitglied der Mitte Basel-Landschaft insbesondere für familienrechtliche Themen in der Politik ein. 

Kontakt:  Marie-Caroline Messerli – Furer und Partner Rechtsanwälte

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