Überwinden von Vorurteilen: Wie du deine persönlichen Biases erkennst und lernst, ihnen bewusst entgegenzuwirken – mit DEI-Expertin Pia Meinzer

Wir hatten das Vergnügen, uns mit der DEI-Expertin Pia Meinzer zu einem inspirierenden Interview zu treffen. 

Wir sprachen über ihre +20 Jahre Erfahrung als Führungsperson im internationalen Finanzumfeld und Personalwesen, Sheryl Sandbergs "Lean In Circle", um Frauen zu ermutigen, sich gegenseitig zu unterstützen und in ihrer beruflichen Entwicklung zu fördern und über die Auswirkungen von Vorurteilen und unbewussten Voreingenommenheiten in der Arbeitswelt. Und über vieles mehr.

In diesem Blogbeitrag lernst du, 

  • wie du deine persönlichen Biases erkennst und ihnen bewusst entgegenwirkst.

  • weshalb ein:e Sponsor:in neben einer/einem Mentor:in entscheidend für deine Karriere ist. 

  • über die häufigsten unbewussten Vorurteile gegenüber Frauen.

 

Du bist Founder und Co-Leaderin eines “Lean In Circle”. Was hat dich dazu bewogen, diese Initiative zu gründen und welche Vorteile siehst du in einem solchen Netzwerk? 

Ich bin fest davon überzeugt, dass Vielfalt unser Leben sowie auch die Wirtschaft positiv beeinflusst. Für Vielfalt und im Speziellen Frauenvielfalt setze ich mich seit vielen Jahren ein. Ich hatte mit meiner Grossmutter und Mutter inspirierende Vorbilder, die mir früh mit auf den Weg gegeben haben, unternehmerisch zu denken, anzupacken, aber auch, dass alle Menschen die gleichen Chancen haben und nutzen sollten.

Die Entscheidung, einen “Lean In Circle” zu gründen, basierte auf meiner Überzeugung, dass Frauen oft vor einzigartigen Herausforderungen stehen und von einem unterstützenden Netzwerk profitieren können, um diese zu überwinden. Die Beteiligung an einem Frauennetzwerk wie Lean In bringt meines Erachtens viele Vorteile.

Hier sind einige davon:

  • Unterstützung und Empowerment: Der Circle bietet eine Plattform für gegenseitige Unterstützung und Empowerment. Durch den Austausch von Erfahrungen, Ratschlägen und Ressourcen ermutigen und inspirieren wir uns gegenseitig, unsere Ziele zu verfolgen.

  • Netzwerkaufbau: Der Circle ermöglicht es, das berufliche Netzwerk zu erweitern. Durch die Interaktion mit anderen Mitgliedern, die verschiedene Hintergründe und Erfahrungen haben, knüpfen wir wertvolle Kontakte, entdecken potenzielle berufliche Chancen und helfen uns gegenseitig beim Weiterkommen.

  • Persönliche und berufliche Entwicklung: Die Teilnahme an Diskussionen, Workshops und Mentoring-Sitzungen im Circle fördert die persönliche und berufliche Entwicklung. Man lernt von den Erfahrungen und Perspektiven anderer Mitglieder und gewinnt neue Fähigkeiten und Einsichten, die dabei helfen, Karriereziele zu erreichen.

  • Perspektivenwechsel: Durch die unterschiedlichen Kulturen, beruflichen Hintergründe, Alter und Herkunft lernen wir voneinander, erhalten einen Perspektivenwechsel, um mögliche Vorurteile gar nicht erst aufkommen zu lassen resp. sie abzubauen.

  • Spass: Ich sage gerne “There is power in women coming together” und das ist bei unserem Circle absolut der Fall. Obwohl wir bei jedem Treffen ein Thema beleuchten und diskutieren, haben wir immer auch viel Spass zusammen und inspirieren uns gegenseitig.

 

Welche Ziele verfolgt die Initiative “Women for the Board”? Und was hat dich dazu inspiriert, Mitglied und Kandidatin zu werden?

“Women for the Board” ist ein Netzwerk von Frauen, welche sich für neue oder weitere Verwaltungsrats- oder Stiftungsratsmandate interessieren. Ziel ist es, Frauen zur Besetzung von strategischen Gremien Sichtbarkeit zu geben.

Über diverse Kanäle sind wir auf der Suche nach Mandaten, empfehlen diese weiter und tauschen sie untereinander aus. Wir leben eine Kultur von gegenseitigem Respekt, Unterstützung und Hilfsbereitschaft.

Ich unterstütze seit vielen Jahren Frauen auf ihrem Karriereweg, für den es meines Erachtens keine Grenzen gibt. Und so hat mich die Vision von ‘Women for the Board’, dass sich Frauen gegenseitig auf dem Weg zu Board-Mandaten unterstützen, begeistert. Meine persönliche Ambition ist es, meine langjährige Erfahrung und Leidenschaft für Innovation, Strategie und Umsetzung im Rahmen von Board-Mandaten weiterzugeben. Ich durfte im internationalen Finanzumfeld viel Erfahrung auf der Business-Seite sammeln und in den letzten 10 Jahren im HR-Umfeld erleben, wie wichtig es ist, dass das HR das Business und die Strategie einer Unternehmung versteht. Leider ist das heute noch viel zu wenig der Fall weshalb HR oft auch nicht als strategischer Partner am “Board-Tisch” sitzt. Deshalb ist es mein Ansporn, künftig in Board-Gremien, die Business-Strategie und People-&-Culture-Themen zu vereinen und als wichtiger Erfolgspartner wahrgenommen zu werden.

 

Welche Fähigkeiten oder Eigenschaften haben dir geholfen, in deiner Karriere erfolgreich zu sein, insbesondere in einer leitenden Position? 

Was mich motiviert und wie ein roter Faden durch meine Karriere und Rollen zieht, ist meine Leidenschaft für Strategie und Umsetzung. Und da dies nicht alleine geht, habe ich eine ebenso grosse Passion für Leadership und durfte viele internationale Teams u.a. in Polen und Spanien aufbauen, führen und für meine Visionen begeistern.

Meine Macher-Mentalität hat sicher einen grossen Teil dazu beigetragen, dass sich immer wieder neue Opportunitäten aufgetan haben. Ich liebe es, Themen anzupacken, umzusetzen und eine Firma oder einen Bereich entsprechend weiterzubringen resp. zu positionieren.

Wichtig ist, offen für Veränderung, neugierig und Zukunftsorientiert zu sein, zu netzwerken, vorausschauend zu agieren und Chancen die sich bieten anzunehmen. So bin ich z.B. in meiner Karriere nach New York gekommen, eine tolle Erfahrung, vor allem im Hinblick darauf, wie Vielfalt eine Gesellschaft bereichern kann.

Was ich meinen Mentees immer wieder mit auf den Karriereweg gebe ist, gerade zu Beginn der Karriere, vieles auszuprobieren, unterschiedliche Firmen und Kulturen zu entdecken, bis man spürt, was zu einem passt, wo man sich passioniert einsetzen und positionieren möchte.

 

Mit welchen unbewussten Vorurteilen werden Frauen am Arbeitsplatz konfrontiert? 

Frauen am Arbeitsplatz können einer Vielzahl von unbewussten Vorurteilen ausgesetzt sein, die ihre beruflichen Möglichkeiten und ihren Erfolg beeinträchtigen können. Auch ich wurde damit am Arbeitsplatz konfrontiert und im Übrigen nicht nur von Männern.

Einige häufige unbewusste Vorurteile gegenüber Frauen umfassen meines Erachtens:

  • Genderstereotype: Frauen werden oft mit bestimmten Rollen und Eigenschaften in Verbindung gebracht, die als typisch weiblich angesehen werden, wie z. B. Fürsorglichkeit, Sensibilität oder mangelndes Durchsetzungsvermögen. Das kann dazu führen, dass Frauen in bestimmte Berufe oder Positionen gedrängt und weniger ernst genommen werden, wenn sie diese Stereotypen nicht erfüllen.

  • Double Bind: Frauen können sich in einem Dilemma befinden, in dem sie entweder als zu nett und nicht durchsetzungsfähig oder als zu aggressiv und unangenehm angesehen werden. Es kann schwierig sein, den richtigen Mittelweg zu finden, ohne als zu viel oder nicht genug wahrgenommen zu werden.

  • Glass Ceiling: Obwohl Frauen in vielen Bereichen Fortschritte gemacht haben, stossen sie oft auf unsichtbare Barrieren, die ihnen den Aufstieg in Führungspositionen erschweren. Das kann auf unbewusste Vorurteile gegenüber Frauen in Führungsrollen zurückzuführen sein, die von männlich dominierten Unternehmenskulturen oder traditionellen Erwartungen geprägt sind. 

  • Mikroaggressionen: Kleine, oft unbewusste Handlungen oder Bemerkungen können Frauen das Gefühl geben, nicht respektiert oder akzeptiert zu werden. Diese Mikroaggressionen können sich in Form von abwertenden Kommentaren, Unterbrechungen während Meetings oder ungleicher Vergütung zeigen.

  • Tokenismus: Frauen können manchmal als “Token”; wahrgenommen werden, die lediglich zur Erfüllung von Diversitätsquoten oder zum Image der Gleichberechtigung in Unternehmen eingestellt werden. Das kann ihre Leistungen und Kompetenzen herabsetzen und sie dem Druck aussetzen, ständig beweisen zu müssen, dass sie ihren Platz verdienen.

Es ist wichtig, sich dieser unbewussten Vorurteile bewusst zu sein und aktiv daran zu arbeiten, sie zu bekämpfen, um eine gerechtere und inklusivere Arbeitsumgebung für alle zu schaffen. Das erfordert eine kontinuierliche Sensibilisierung, Schulung und Förderung von Diversität und Inklusion in allen Bereichen des (Arbeits-)Lebens.

 

Wann ertappst du dich manchmal selber, dass du einen Bias hast? Und was tust du, um ihn zu überwinden? 

Wir ertappen uns wohl alle einmal dabei, “Unconcious Biases”, also unbewusste Vorurteile zu haben, das geht mir natürlich ebenfalls so. 

Um Vorurteile zu erkennen und zu überwinden, ist Selbstreflexion von entscheidender Bedeutung. Das kann durch regelmässiges Hinterfragen der eigenen Gedanken, Einstellungen und Reaktionen erfolgen. Es ist wichtig, dass du bewusst auf Anzeichen von Vorurteilen achtest und dich fragst, warum du auf eine bestimmte Weise denkst oder handelst.

Um Vorurteile zu überwinden, ist es hilfreich, dich mit Vielfalt und Inklusion zu beschäftigen, z.B. durch ein Engagement in diversen Communities, aber auch indem du Bücher liest, dir Podcasts anhörst, oder Schulungen zum Thema besuchst. 

 

Gibt es spezielle Techniken oder Herangehensweisen, die Frauen nutzen können, um sich aktiv gegen Biases zu behaupten? 

Frauen können spezifische Techniken nutzen, um sich aktiv gegen Vorurteile zu behaupten. Dazu gehören das Erlernen effektiver Kommunikations- und Verhandlungsfähigkeiten, das Selbstbewusstsein stärkende Praktiken rund um Personal Branding und die Bildung von Unterstützungsnetzwerken mit anderen Frauen in ähnlichen Positionen, wie z.B. ein Lean In Circle oder ein Frauennetzwerk in der Firma. 

Persönlich finde ich solche Communities sehr bereichernd. Und wenn sie noch nicht vorhanden sind, dann tu dich mit anderen zusammen, unterstützt euch und gründet sie.

 

Welche konkreten Ratschläge würdest du jungen Frauen im mittleren Management geben, um ihre Karriere voranzutreiben?

Jungen Frauen im mittleren Management würde ich raten, proaktiv zu sein – mach dich sichtbar und engagiere dich für neue Herausforderungen. Nimm Führungsrollen in Projekten oder Initiativen ein, strebe nach Weiterbildung und entwickle dich beruflich weiter. Und netzwerke mit Entscheidungsträger:innen. Das alles kann dazu beitragen, deine Karriere voranzutreiben.

Mein persönlicher Favorit sind Sponsoring-Programme. Sie sind leider noch nicht in vielen Firmen vorhanden, aber absolut zielführend für deine Karriere. Ein Sponsor hat im Vergleich zum/zur Mentor:in das Mandat, dich weiterzubringen und Türen für deinen nächsten Karriereschritt zu öffnen. Begleitet wird ein Sponsoring meistens durch Coaching und Personal Branding Sessions. Es ist wichtig, dass du das nötige Selbstvertrauen entwickelst und dich nicht davon abhalten lässt, ambitionierte Ziele zu verfolgen. Das gilt besonders dann, wenn du in Gehalt- und/oder Beförderungs-Verhandlungen gehst – hier gilt: Kommuniziere deine Leistungen und Beiträge klar. 

 

Wo dürfen wir uns mit dir vernetzen?

Auf LinkedIn – Pia Meinzer

 

Über Pia

Mit mehr als 20 Jahren Erfahrung als Führungsperson im internationalen Finanzumfeld und Personalwesen versteht Pia die Anliegen von Business und Human Resources (HR) und agiert als passionierte Brückenbauerin.

Das Engagement für Diversity, Equity & Inclusion und vor allem die Förderung von Frauen hat sie bereits in ihrer Kindheit vorgelebt bekommen. Ihre Grossmutter und Mutter agierten beide als Business Women und Vorbilder, Werte wie Unabhängigkeit, unternehmerisches Denken, aber auch Offenheit für Andere und Anderes prägten sie früh. Heute setzt sie sich leidenschaftlich für Vielfalt und die Förderung von Frauen ein, implementierte für Firmen Programme zur Integration von Quereinsteigerinnen, Flüchtlingen und Spitzensportler, die in der Wirtschaft Fuss fassen möchten. Pia ist in diversen Netzwerken aktiv.

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Erfolgreich in zwei Welten: Talina Tempinis Beruf als Apothekerin und Marketerin

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Unbewusste Vorurteile, Netzwerke und Pausen – mit Global Diversity and Inclusion Partnerin Rachel Parisot